Aktuelle Entwicklungen im Zivilen und Öffentlichen Baurecht
1. Gesetzesänderungen und Reformen Novelle des Baugesetzbuches (BauGB): Eine wesentliche Reform des BauGB, die voraussichtlich 2025 in Kraft tritt, hat das Ziel, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, insbesondere für den Wohnungsbau. Neuer § 246e BauGB – "Bau-Turbo": Diese Vorschrift erlaubt Erleichterungen im Wohnungsbau in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Kommunen können unter vereinfachten Bedingungen Bebauungspläne aufstellen. Die Regelung adressiert Engpässe im Wohnungsbau, indem sie die Abwicklung von Genehmigungen und Planungsprozessen beschleunigt. Vereinfachte Verfahren für kleine Bauprojekte: Insbesondere Projekte mit geringem Einfluss auf Umwelt und Nachbarschaft profitieren von verkürzten Genehmigungswegen. Gebäudetyp-E-Gesetz: Dieses Gesetz eröffnet experimentelle Freiräume im Bauwesen. Unter der Prämisse, dass die Gebäudesicherheit gewahrt bleibt, dürfen sachkundige Bauherren wie Wohnungsbaugesellschaften von bestimmten Standards abweichen. Ziel ist es, die Baukosten zu senken und innovative Bauverfahren zu fördern. Vereinfachte Standards: Für Typenbauten können Ausnahmen von Schallschutz- oder Energievorschriften gewährt werden. Schwerpunkt auf Kosteneffizienz: Der Gesetzgeber reagiert hier auf gestiegene Baukosten und die angespannte Lage auf dem Immobilienmarkt. 2. Aktuelle Rechtsprechung BGH: Barrierereduzierung im Wohnungseigentum Aktenzeichen: V ZR 244/22 und V ZR 33/23 Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs klären, unter welchen Voraussetzungen Wohnungseigentümer bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum verlangen können, um Barrieren zu reduzieren. Inhalt der Entscheidung: Die Umsetzung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit wurde als wichtiges Anliegen anerkannt. Der BGH entschied, dass die Zustimmung anderer Eigentümer nicht willkürlich verweigert werden darf, wenn diese Maßnahmen einen berechtigten Bedarf erfüllen und nicht unverhältnismäßig sind. OLG Bamberg: Bestandsschutz und Beweislast Aktenzeichen: 12 U 9/22 Das Gericht entschied, dass Eigentümer die Beweislast für den Bestandsschutz eines Bauwerks tragen. Diese Entscheidung hat insbesondere bei der Sanierung älterer Gebäude Relevanz. Rechtsfolgen: Kann der Bestandsschutz nicht nachgewiesen werden, besteht die Gefahr, dass Maßnahmen zur Legalisierung erforderlich werden. 3. Herausforderungen und Trends Baukonjunktur und wirtschaftliche Rahmenbedingungen Die Bauwirtschaft steht vor Herausforderungen wie steigenden Zinsen, Materialknappheit und hohen Energiekosten. Positiv zu vermerken ist eine Entspannung der Materialpreise. Dennoch bleibt der Wohnungsbau unter Druck, was durch die Reformen im BauGB und Gebäudetyp-E-Gesetz adressiert wird. Digitalisierung im Bauwesen: Building Information Modeling (BIM) ist seit 2023 im Bundesbau verpflichtend. Diese Planungsmethode vernetzt alle Projektbeteiligten und ermöglicht eine präzisere Planung und effizientere Umsetzung von Bauprojekten. Auswirkungen für Baurechtler: Verträge und Haftungsfragen müssen an die digitalen Planungsmethoden angepasst werden, insbesondere im Hinblick auf Datenintegrität und Verantwortung bei Planungsfehlern. Handlungsempfehlungen für Baurechtler Regelmäßige Fortbildung: Durch die dynamischen Änderungen im Baurecht sind Fachanwaltslehrgänge und Workshops zu neuen Gesetzesvorhaben und Urteilen unverzichtbar. Anpassung der Vertragsgestaltung: Gesetzesänderungen wie die Novelle des BauGB und das Gebäudetyp-E-Gesetz erfordern eine Überprüfung bestehender Vertragsmuster. Insbesondere bei Bauverträgen sind Klauseln zu Planungsfristen und Standards zu präzisieren. Beratung zur Digitalisierung: Die Einführung von BIM erfordert eine umfassende Beratung der Mandanten, insbesondere zur Datenverarbeitung und Haftungsverteilung. Rechtliche Konflikte können durch frühzeitige Vertragsgestaltung minimiert werden. Förderung innovativer Lösungen: Baurechtler sollten eng mit Bauherren zusammenarbeiten, um Fördermöglichkeiten für innovative und kostensparende Bauprojekte zu identifizieren und rechtssicher umzusetzen. Zusammenfassung Das Baurecht befindet sich in einem Wandel, der durch technologische Entwicklungen, wirtschaftliche Herausforderungen und gesellschaftlichen Druck auf den Wohnungsbau geprägt ist. Baurechtler stehen vor der Aufgabe, Gesetzesänderungen wie die Novelle des BauGB und das Gebäudetyp-E-Gesetz [...]