Die durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 veranlasste ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Werkunternehmers zum Leistungsempfänger (Bauträger) wird durch die Insolvenz des leistenden Unternehmers nicht beeinflusst.

Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts kann ein Restwerklohnanspruch des Klägers aufgrund ergänzender Vertragsauslegung nicht abgelehnt werden. Der Senat hat bereits entschieden, dass einem Bauunternehmer bei einem vor dem Erlass des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243, 20) abgeschlossenen Bauvertrag mit einem Bauträger aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung von Rest-werklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrags gegen seinen Vertragspartner zu-steht, wenn beide Vertragsparteien übereinstimmend von der Steuerschuldner-schaft des Bauträgers gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 UStG 2011 aus-gegangen sind, der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunter-nehmers entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat und wegen eines Erstattungsverlangens des Bauträgers für den Bauunternehmer die Ge-fahr entsteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gemäß § 27 Abs. 19 UStG die Umsatzsteuer abführen zu müssen.

BGH URTEIL VII ZR 204/18 16. Juli 2020

BGB § 157 D; UStG (2009) § 13b Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 27 Abs. 19

Die durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243, 20) veranlasste ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Werkunternehmers zum Leistungsempfänger (Bauträger) wird durch die In-solvenz des leistenden Unternehmers nicht beeinflusst (Bestätigung von BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 VII ZR 157/17, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524).
BGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – VII ZR 204/18 – OLG Celle
LG Hannover

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 17. Juni 2020 eingereicht werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Pamp, den Richter Halfmeier sowie die Richterinnen Graßnack, Sacher und Dr. Brenneisen
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. September 2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 17. Juni 2011 eröffneten Insolvenz-verfahren über das Vermögen der C. Sch. , handelnd unter S. , e.K. (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin).
Die Beklagte, die als Bauträger tätig ist, beauftragte die Insolvenzschuld-nerin in den Jahren 2008 und 2009 mit verschiedenen Tiefbauarbeiten und Arbeiten zur Freiflächengestaltung an ihren Bauvorhaben „E. -Kaserne“ be-ziehungsweise „E. Carré“ in M. . Ab der zweiten Abschlagsrech-
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nung vom 14. November 2008 enthielt jede Rechnung der lnsolvenzschuldnerin den Zusatz „Leistungsempfänger ist Schuldner der USt. gemäss § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG“. Die Beklagte führte für die von der lnsolvenzschuldnerin in den Jahren 2009 und 2010 erbrachten Bauleistungen insgesamt 109.276,04 € als Umsatzsteuer an das Finanzamt M. ab.
Mit Urteil vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243, 20) entschied der Bundesfinanzhof, dass § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 entgegen der einschlä-gigen Umsatzsteuer-Richtlinie einschränkend dahin auszulegen sei, dass es für den Übergang der Steuerschuldnerschaft darauf ankomme, ob der Leistungs-empfänger die an ihn erbrachte bauwerksbezogene Werklieferung oder sonsti-ge Leistung selbst zur Erbringung einer derartigen Leistung verwende. Dies treffe auf Bauträger nicht zu, die die erbrachten Leistungen für die Bebauung eigener, zur Veräußerung vorgesehener Grundstücke verwendeten (BFH, Urteil vom 22. August 2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, juris Rn. 39 ff., 50 ff.).
Daraufhin beantragte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Februar 2014 beim Finanzamt die Erstattung der von ihr entrichteten Umsatzsteuer. Mit Schreiben vom 30. November 2015 teilte das Finanzamt dem Kläger unter Hin-weis auf die genannte Entscheidung des Bundesfinanzhofs und den Antrag der Beklagten vom 24. Februar 2014 mit, dass nunmehr er beziehungsweise die lnsolvenzschuldnerin als leistende Unternehmerin Steuerschuldner seien. Den Schreiben waren Aufstellungen der Beklagten beigefügt, aus denen sich die Rechnungsnummern, die Daten der Rechnungen aus den Jahren 2009 und 2010, die Rechnungsbeträge sowie der jeweilige Umsatzsteueranteil ergaben und die sich für das Jahr 2009 auf einen Betrag von 68.191,48 €, für das Jahr 2010 auf einen Betrag von 41.084,56 €, insgesamt daher auf 109.276,04 € be-liefen. Das Finanzamt teilte unter anderem weiter mit, dass der Kläger verpflich-tet sei, Rechnungen auszustellen, welche die in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG vor-geschriebenen Angaben enthielten.
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Mit Schreiben vom 21. Juli 2016 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Zahlung von 109.276,04 € auf.
Die auf Zahlung von 109.276,04 € nebst Zinsen gerichtete Klage des Klägers ist in erster Instanz erfolgreich gewesen. Auf die Berufung der Beklag-ten hat das Berufungsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entschei-dung die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:
Der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung scheitere an den formalen Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 UStG, weil eine die Umsatzsteuerbeträge ausweisende Rechnungslegung unterblieben sei. Ei-ne Rechnungserteilung mit Steuerausweis sei zwar keine Voraussetzung für die Änderungsbefugnis des Finanzamts nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG und für die Abtretbarkeit des Anspruchs nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG, sondern nur Bedingung für die besondere Erfüllungswirkung nach § 27 Abs. 19 Satz 4
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UStG. Auf letzteren Umstand sei indes auch in dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis abzustellen, weil für die Geltendmachung der Vergütung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 VOB/B eine prüffähige Abrechnung erfor-derlich sei. Dazu gehöre, dass die von der Insolvenzschuldnerin erstellten (Abschlags-)Rechnungen die jeweiligen Umsatzsteuerbeträge hätten auswei-sen müssen (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG). Die Aufstellungen der Beklagten ließen zwar erkennen, dass sie den auf die (Abschlags-)Rechnungen anfallenden Um-satzsteueranteil kenne. Dennoch fehle es – anders als bei den bislang von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen – an einer nach § 14 Abs. 1 Satz 1 VOB/B prüfbaren Schlussrechnung für den Vergütungsanspruch. Eines gericht-lichen Hinweises zur Notwendigkeit einer den Umsatzsteuerbetrag ausweisen-den Schlussrechnung habe es nicht bedurft.
Die Gesamtabwägung der Interessen der Beteiligten spreche ebenfalls gegen eine Erhöhung des Vergütungsanspruchs der Insolvenzschuldnerin um die Umsatzsteuerbeträge im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung. Ent-sprechend den Grundsätzen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 2018 (VII ZR 157/17) seien auch im Streitfall die Vertragsparteien zwar davon ausgegangen, dass die Beklagte als Leistungsempfänger nach § 13b UStG die Umsatzsteuerbeträge zu tragen habe, was sich als unrichtig herausgestellt ha-be. Bei Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen und unter Zumutbar-keitserwägungen sei es indes nicht hinnehmbar, dass der Kläger im Falle der Klagestattgabe die Umsatzsteuerbeträge nachfordern dürfte, ohne sie tatsäch-lich an den Fiskus abführen zu müssen. Hätten die Vertragsparteien von An-fang an die Abführung der Umsatzsteuer durch die lnsolvenzschuldnerin ver-einbart, wäre der Betrag noch vor Eröffnung des lnsolvenzverfahrens an den Fiskus abgeführt worden. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, dass die übrigen Gläubiger der Insolvenzschuldnerin an der hier im Streit stehenden Forderung partizipierten. Dass die Beklagte die Bauleistungen umsatzsteuerfrei erhalten
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habe, geschehe nicht auf Kosten des Klägers, weil er sich durch eine Abtretung gegenüber dem Finanzamt gemäß § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG von seiner Leis-tungspflicht hätte befreien können.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe der Umsatzsteuerbeträge von insgesamt 109.276,04 € nicht verneint werden.
1. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsge-richts kann ein Restwerklohnanspruch des Klägers aufgrund ergänzender Ver-tragsauslegung nicht abgelehnt werden.
a) Der Senat hat bereits entschieden, dass einem Bauunternehmer bei einem vor dem Erlass des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243, 20) abgeschlossenen Bauvertrag mit einem Bauträger aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung von Rest-werklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrags gegen seinen Vertragspartner zu-steht, wenn beide Vertragsparteien übereinstimmend von der Steuerschuldner-schaft des Bauträgers gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 UStG 2011 aus-gegangen sind, der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunter-nehmers entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat und wegen eines Erstattungsverlangens des Bauträgers für den Bauunternehmer die Ge-fahr entsteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gemäß § 27 Abs. 19 UStG die Umsatzsteuer abführen zu müssen (BGH, Urteil vom
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10. Januar 2019 – VII ZR 6/18 Rn. 22, NZBau 2019, 242; Urteil vom 17. Mai 2018 – VII ZR 157/17 Rn. 18-35, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524).
Gemäß § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG ist die gegen den leistenden Unter-nehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme errichtet hat, Steuer-schuldner zu sein. Nach § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG steht § 176 AO der Ände-rung nicht entgegen. § 27 Abs. 19 UStG ist in der einschränkenden Auslegung durch den Bundesfinanzhof (vgl. dazu BFH, Urteil vom 23. Februar 2017 – V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, juris Rn. 24 ff., 62) sowohl verfassungsgemäß als auch unionsrechtskonform (BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 – VII ZR 6/18 Rn. 18, NZBau 2019, 242).
b) Diese Rechtsprechungsgrundsätze, an denen der Senat festhält, gel-ten auch im vorliegenden Fall.
aa) Der Senat kann die ergänzende Vertragsauslegung des Berufungs-gerichts im Streitfall uneingeschränkt überprüfen, da es sich bei dem in Rede stehenden Vertrag um eine typische Vertragsgestaltung handelt, die über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus regelmäßig mit gleichförmigem Inhalt im geschäftlichen Verkehr verwendet wird (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 – VII ZR 157/17 Rn. 19-21, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524).
bb) Die Voraussetzungen der ergänzenden Vertragsauslegung, die Vorrang vor den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 – VII ZR 157/17 Rn. 36, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524), sind erfüllt. Die Interessenlage der Parteien im vorliegenden Fall ist mit derjenigen vergleichbar, die der Entscheidung von 17. Mai 2018 (VII ZR 157/17, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524) zugrundelag. Beide Ver-tragsparteien haben übereinstimmend angenommen, dass Schuldner der Um-satzsteuer entsprechend der früheren Praxis der Finanzverwaltung die Beklagte
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sei. Ihr übereinstimmendes Verständnis war damit, dass die auf die Werkleis-tung entfallende Umsatzsteuer von der Beklagten getragen werden sollte und sie also als Leistungsempfängerin insgesamt den Bruttobetrag zu zahlen hat. Die Vertragsparteien haben keine Regelung für den Fall getroffen, dass für die Insolvenzschuldnerin die Gefahr besteht, wegen der Heranziehung als Steuer-schuldner die Umsatzsteuer selbst entrichten zu müssen. Diese Gefahr besteht im vorliegenden Fall aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243, 20), der in der Folge geänderten Ver-waltungspraxis und des Umstands, dass die Beklagte einen Erstattungsantrag gestellt hat.
c) Diesem Auslegungsergebnis stehen schutzwürdige Interessen der Be-klagten nicht entgegen, weil sie durch ihren Erstattungsantrag erst das Umsatz-steuerverfahren gegen die Insolvenzschuldnerin ausgelöst hat. Damit hat sie zugleich die Gefahr einer doppelten Belastung mit dem Umsatzsteuerbetrag begründet. Die Beklagte hat kein berechtigtes Interesse, dass der Kläger von der Abtretungsmöglichkeit nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG Gebrauch macht. Für sie ist es unerheblich, ob ihr als Anspruchsteller der Kläger oder das Fi-nanzamt gegenübertritt (BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 – VII ZR 157/17 Rn. 35, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524; BFH, Urteil vom 23. Februar 2017 – V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, juris Rn. 24 ff.).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spielt es für die ergän-zende Auslegung der werkvertraglichen Vereinbarungen der Parteien keine Rolle, ob der Kläger die geschuldete Umsatzsteuer aufgrund insolvenzrechtli-cher Vorschriften gegebenenfalls nicht in voller Höhe an das Finanzamt wird abführen müssen. Das ist die gesetzliche Folge eines jeden Insolvenzverfah-rens und zugleich der Grund dafür, dass den übrigen Gläubigern der zur Masse fließende Betrag unter Umständen zugutekommen kann. Auch die weitere Er-wägung des Berufungsgerichts, wie der tatsächliche Verlauf gewesen wäre,
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wenn die Parteien ursprünglich einen Werklohn unter Einschluss der gesetzli-chen Umsatzsteuer vereinbart hätten, ist im Rahmen der hier anzustellenden ergänzenden Vertragsauslegung von vornherein unbeachtlich.
d) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts fehlt es im Hinblick auf § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG nicht an einer formalen Voraussetzung für den An-spruch aus ergänzender Vertragsauslegung, weil eine die Umsatzsteuerbeträge ausweisende Rechnungslegung unterblieben ist. Das Fehlen einer Rechnung hindert die Entstehung des Anspruchs der Insolvenzschuldnerin gegen die Be-klagte auf Zahlung des Umsatzsteueranteils nicht. Das Fehlen einer die Um-satzsteuer gemäß § 14 UStG ausweisenden Rechnung kann nur dazu führen, dass Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage der Rechnung verlangt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2014 – VII ZR 247/13 Rn. 13, NJW-RR 2014, 1520; Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 125/10 Rn. 44, GRUR 2012, 711).
2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellun-gen kann ein Anspruch des Klägers aufgrund ergänzender Vertragsauslegung auch nicht deshalb verneint werden, weil eine Schlussrechnung im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 VOB/B nicht gestellt worden ist.
a) Allerdings kann der Auftragnehmer einen Anspruch auf Abschlagszah-lungen gemäß § 16 Nr. 1 VOB/B nicht mehr durchsetzen, wenn die Bauleistun-gen abgenommen sind und er eine Schlussrechnung gestellt hat. In diesem Fall ist die Berechtigung des Auftragnehmers zur vorläufigen Abrechnung erlo-schen. Gleiches gilt, wenn die Abnahme erfolgt ist, die Leistung des Auftrag-nehmers fertig gestellt ist und die Frist abgelaufen ist, binnen derer der Auftrag-nehmer gemäß § 14 Nr. 3 VOB/B die Schlussrechnung einzureichen hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 – VII ZR 205/07 Rn. 42 ff., BGHZ 182, 158). Ist die Vorlage einer Schlussrechnung infolge des Zeitablaufs und der Insolvenz des Auftragnehmers unmöglich geworden, kommt eine Schätzung gemäß § 287
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Abs. 1 ZPO in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2004 – VII ZR 173/03, BauR 2004, 1937 = NZBau 2005, 40, juris Rn. 22).
An diesen Grundsätzen ändert sich nichts, wenn – wie hier – ein Rest-werk-lohnanspruch in Höhe eines Umsatzsteueranteils aufgrund einer ergän-zenden Vertragsauslegung in Rede steht.
b) Ob diese Umstände hier vorliegen, kann auf der Grundlage des in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalts nicht beurteilt werden, weil das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat. Insbeson-dere hat es nicht festgestellt, ob für den Fall, dass – wovon das Berufungsge-richt ausgeht – eine Schlussrechnung fehlt, Schlussrechnungsreife eingetreten oder bei gegebener Schlussrechnungsreife die Vorlage einer Schlussrechnung ausnahmsweise entbehrlich ist.
III.
Das Berufungsurteil hat danach keinen Bestand. Es ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO, damit die notwendi-gen
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Feststellungen getroffen werden können. Dabei wird das Berufungsgericht sich gegebenenfalls mit den von den Parteien im Revisionsverfahren erhobenen Einwendungen zu befassen haben.